Peru ist nicht klein, nach Brasilien und Argentinien ist es, bezogen auf seine Größe, die Nummer 3 in Südamerika. Wer alte Kulturen schätzt, wird den Norden Perus lieben. Die Küstenlandschaft bietet mit Orten wie Trujillo, Chiclayo, der Festung Kuelap, dem „Machu Picchu des Nordens“, der 5000 Jahre alten Ruinenstadt Caral und Chan Chan, der größten Lehmziegelstadt der Welt tolle Highlights. In Tucume hat sich Thor Heyerdahl herumgetrieben, in Ica und Paracas sind die Mumien spannend und in Nasca geben die Ritzbilder noch immer Rätsel auf.
Die Küste steht unter dem Einfluss des Humboldtstroms und ist weitgehend eine Küstenwüste, in der nur entlang der aus den Anden kommenden Flüsse in Flussoasen Landwirtschaft möglich ist. Im Süden Perus, an der Grenze zu Chile liegt der Beginn der trockenste Wüste der Erde, die Atacama. Der südliche Teil der peruanischen Küste ist ebenfalls trocken, erst nördlich von Lima wird es feuchter und fruchtbarer.
Die alten Küstenkulturen
Die Erbauer von Machu Picchu, die Inkas, sind im Vergleich recht jung, die Küstenkulturen Nordperus sind viel älter. Die ältesten Monumentalbauten sind über 5000 Jahre alt. Stufenförmige Pyramiden, Prozessionsstraßen und eingefasste Höfe aus dieser Zeit in Sechín Bajo im Casmatal, 370 Kilometer nördlich der Hauptstadt Lima belegen das. Die erste Hochkultur in Stein ist etwa 3000 Jahre alt. Sie liegt nicht am Meer sondern an den Osthängen der Anden im Huascaran Nationalpark. Hier befindet sich das älteste bekannte Steinbauwerk Perus, Chavín de Huántar. Erbaut vor der traumhaften Kulisse der Anden und aus dem Granit des Kahuish-Passes gibt diese monumentale Anlage bis heute Rätsel über den Zweck ihrer Errichtung auf. Die etwa 2200 Jahre alte Nazca-Kultur, durch die gleichnamigen Linien bekannt und die aufgrund ihrer Mumien spektakuläre Paracas Kultur, liegt dagegen direkt am Meer. Die Küstenkulturen entstanden dort wo die Flüsse aus den Anden ins Meer münden. Um etwa das Jahr 1000 entwickelten sich differenzierte Kulturen wie die der Moche und der Sican in der Region um Lambayeque und jene der Chimu mit Chan Chan als Hauptstadt, eine Großstadt mit entwickelter städtischer Kultur. 2018 hat man hier die Reste von mehr als 100 Kindern gefunden, die von den Chimú rituell getötet also geopfert wurden.
Tucume und Thor Heyerdahl
Von 1988 bis 1992 leitete Thor Heyerdahl die archäologischen Grabungen von „La Raya“, einem Komplex von 26 Lehmziegelpyramiden. Auf einem Relief fand Heyerdahl 1992 seinen „Vogelmenschen“, den er sein Leben lang mit den Darstellungen der Vogelmenschendarstellungen der Osterinsel in einem Zusammenhang bringen wollte. Die Ausgrabungsstätte liegt in einem Tal nahe der Küste im Verwaltungsbezirk Lambayeque, etwa 30 Kilometer von der Stadt Chiclayo entfernt am La Raya Berg unweit des Ortes Túcume. Eigentlich ist es eine Wüste aber bei Tucume gibt es Trockenwälder und Wasser. Die Sican Kultur, denen man die Lehmziegelpyramiden zuschreibt, müssen sehr gut im Bewässerungsbau gewesen sein. Ob sie die großen Seefahrer vor dem Herrn waren, wie Heyerdahl glaubt, das sei dahingestellt.
Die Moche – Vorläufer der Chimu
Vor 2000 Jahren entwickelte sich entlang wasserführender Täler die urbane Kultur der Moche, die im 7. Jahrhundert plötzlich verschwindet und später von den Chimu abgelöst wird. Schuld daran könnte El Nino gewesen sein, wie es scheint, gab es eine Generation lang „schlechtes Wetter“, starke Regenfälle dürften zuerst die Bewässerungsanlagen zerstört haben und die anschließende Dürre über ebenfalls eine Generation, erledigte den Rest. Zwei große Pyramiden und sehr viel Keramik erinnern an diese Kultur. Die Huaca del Sol und die Huaca de la Luna sind die größten erhaltenen Bauten des alten Peru. Über die Religion der Moche weiß man nicht viel aber Forscher haben Hinweise auf den Totenkult gefunden. Sie ließen sie ihre Verstorbenen zuerst unter freiem Himmel verwesen, damit durch die daran beteiligten Fliegen die Seele befreit wurde und bestatteten dann die Reste mit Grabbeigaben. Ebenfalls durch Funde belegt sind Menschenopfer, die man vermutlich im Zusammenhang mit der Bitte nach Regen durchführte. Wer genau die Opfer waren ist strittig. Man geht davon aus, dass es sich entweder um Kriegsgefangene oder um die Verlierer von Wettkämpfen handelte.
Die Chimu rund um Trujillo
Die Chimú-Kultur errichtete ein ausgedehntes Reich, dieses zog sich entlang des Küstenstreifens etwa 1000 Km von Tambéz im Norden bis Lima im Süden. Es ist für Nordperu ein junges Reich, es entstand als in Europa die Gotik gerade begonnen hatte. Die bekannteste und größte Stadt der Chimu ist Chan Chan, sie war etwa 17 Km² groß und in zehn autonome Stadtteile gegliedert, von denen jeder eine Größe von 450m x 350m hatte und von einer 9m hohe Mauer umgeben war. In Chan Chan wurden vier Pyramiden errichtet. Die Einwohnerzahl in der prä-inka Periode wird auf 60.000 Einwohnern geschätzt. Die Innenwände waren dekoriert, man hat Darstellungen von „Kaimanen“, manche sagen „Vogelmenschen“ gefunden. Die 50 bisher bekannten Städte der Chimu wurden durch Luftaufnahmen entdeckt. So hat man auch im Santa-Tal einen 5m breiten und 3m hohen Wall entdeckt, der eine Länge von 64 Kilometer aufweist. Er zieht sich von der Meeresküste bis zu einer Festung nahe des heutigen Ortes Suchimancillo. Die Chimu kann man als Hochkultur bezeichnen, sie beherrschten die Metallverarbeitung und Bronzeherstellung, fabrizierten genormte Ziegel aus luftgetrocknetem Lehm und hatten eine hierarchisch gegliederte Gesellschaft plus einem ausgebildeten Religionssystem in dem Mond und Schlange eine Rolle spielten. Woher ihre Vorfahren kamen ist nicht geklärt, man vermutet aus Mesoamerika. 1476 beendet der Inka Yupanqui diese Kultur, das Reich der Chimú wird dem Inka-Reich Tahuantinsuyu angeschlossen.
Die Mumien der Paracas Kultur und die Linien von Nazca
Die Highlights dieser Kultur sind Mumien, bunter Webstoffe und Schädeldeformationen. Letzteres hat dazu geführt, dass die Idee, es könne sich um Außerirdische handeln, aufkam. Funde dieser Kultur wurden auf der Halbinsel Paracas an der Südküste Perus 1925 von dem Archäologen Julio Tello entdeckt. Die Paracas-Kultur beeinflusste stark die Nazca-Kultur, die vor allem durch die Nazca-Linien bekannt wurde. 2018 hat man über 50 neue Wüstenlinien entdeckt, die jedoch nicht der Nazca-Kultur zuzuordnen sind, sondern der Paracas-Kultur, was Fragen aufwirft.
Die Nasca Linien sind mittlerweile, seit 1994, UNESCO Kulturerbe aber man weiß noch immer nicht was es genau damit auf sich hat. Vom Himmel aus sieht man deutlich den Kolibri, den Affen, den Fregattvogel, den Riesenvogel und die Spinne vom Boot aus kann man gut den Kandelaber erkennen. Diese Geoglyphen sind wie mit einem einzigen Strich gezeichnet und einige sind bis zu 300 Meter groß. Nach Maria Reiche versuchte ab 1997 Markus Reindel, ein Altamerikanist am Deutschen Archäologischen Institut in Berlin, mit seinem Projekt „Nasca-Palpa“ das Rätsel zu lösen. Er und sein Team haben 1500 Linien vermessen und visualisiert. Er meint, dass es sich um einen Ritualplatz für Wasser-und Fruchtbarkeitskulte handelte. Gegen Ende der Nasca Kultur wurde es immer trockener und die Figuren wurden immer größer und man fand entlang der Linien Muscheln und Reste von Meerestieren. Bernd Teichert, Professor für Geoinformation an der Universität in Dresden, ist anderer Meinung, er hält die Linien für Sternbilder. Seine Theorie: Die Linien verweisen auf bestimmte Sternkonstellationen und könnten ein riesiger astronomischer Kalender sein. Erich von Däniken bleibt trotzdem bei seiner Theorie, für ihn sind die Linien von Nasca die Landeplätze von Außerirdischen, diese Theorie verkauft sich eindeutig am besten und übrigens ist Erich von Däniken Ehrenbürger der Stadt Nasca.
Und dann gibt es da noch Lima
Die heutige Hauptstadt Perus liegt ebenfalls an der Küste. Lima-Calao ist ein Ballungsraum mit über 10 Millionen Einwohnern. Die Stadt liegt am Río Rímac an der trockenen Westflanke der Anden. Die Stadtregion zieht sich von 160m bis auf knapp 1000m Seehöhe, Chosicas Hauptplatz befindet sich auf rund 950 Metern. Pizarro, Konquistator und Gründer von Lima, liegt in der Kathedrale und die Schutzpatronin der Stadt, die Heilige Rosa von Lima ist bei den Dominikanern bestattet. Die größte Sammlung von Knochen haben eindeutig die Franziskaner. Der schönste Platz ist die Plaza Mayor und Miraflores ist der Bezirk der wohlhabenden Schicht mit vielen Parks und noch mehr Blumen. In La Punta ist nicht nur die Festung San Felipe interessant, dort gibt es auch die beste Ceviche. In Peru gilt der marinierte rohe Fisch mit Zwiebeln und Limetten als Nationalgericht. Seit 2008 wird jedes Jahr am 28. Juni der nationale Ceviche-Tag gefeiert. Ceviche ist für die Peruaner an der Küste ein eher typisches Mittags- und weniger ein Abendgericht, weil der Fisch fangfrisch sein soll.
Die Panamericana in Peru
Von Alaska bis Feuerland zieht sich ein System von Schnellstraßen und erstreckt sich über die gesamte Nord-Süd-Ausdehnung des amerikanischen Kontinents. Dieses Netzwerk umfasst etwa 48.000 km Schnellstraße, es ist in seiner längsten Nord-Süd-Verbindung etwa 25.750 km lang und gilt als eine der Traumstraßen der Welt. Stattet man den Küstenkulturen in Peru einen Besuch ab, dann ist man auf der Panamericana unterwegs. Kommt man von Ecuador, ist der erste Ort in Peru Tumbes und ab da legt man etwa 3000 Kilometer auf peruanischen Boden zurück. Aus Ecuador kommend ist der Strand von Mancora eine mögliche erste Station. Auf den nächsten 400km von Mancora nach Chiclayo zeigt sich der Wüstencharakter der Küstenregion, das dunkelgraue Band der Panamericana durchzieht gelbbraune Sandflächen, unterbrochen von zerklüfteten braunen Hügelketten. Rund um Chiclayo ist es dann, dank Bewässerung, kurzfristig grün. Ab da erreicht man die Region der alten Küstenkulturen Perus mit dem Herrn von Sipan, beziehungsweise dessen Grabschatz und mit Tucume. Nach weiteren 200km auf der Panamericana erreicht man den Küstenort Trujillo mit der Ruinenstadt Chan Chan, der alten Hauptstadt des präkolumbianischen Chimu-Reiches. Weitere 130 Kilometern südlich befindet sich die Hafenstadt Chimbote. Nach etwa einer Autostunde erreicht man von hier das mehr im Landesinneren gelegene Casma und damit die die Steinritzzeichnungen von Sechin, die der vorchristlichen Chavin-Kultur zugeordnet werden. Wer von hier noch Zeit für einen Abstecher abseits der Panamericana Zeit hat, der kann dem Huascaran Nationalpark einen Besuch abstatten. Von Chimbote sind es noch fünf Stunden bis zur Hauptstadt Lima. Ab hier heißt die Panamericana nun Panamericana Sur. Das nächste Etappenziel könnte Paracas sein, ein Dörfchen nahe der Stadt Pisco, die auch dem berühmten Schnaps den Namen gab. Hier lässt sich entweder ein etwa vierstündiger Bootstrip in den Nationalpark zu den Islas Ballestas organisieren, das sind Inseln, auf denen Heerscharen von Seelöwen, Pinguine und Pelikane leben, oder man kann einen Abstecher in das ca. 2800m über dem Meeresspiegel gelegene Ayacucho im Inneren des Landes machen. Der nächste Ort an der Panamericana ist Nasca, etwas im Landesinneren gelegen.