Husum und Theodor Storm

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Husum liegt in Nordfriesland, es ist damit der nördlichste Landkreis Deutschlands und mit fünf Sprachen (Deutsch, Plattdeutsch, Dänisch, Südjütisch, Nordfriesisch) der Landkreis mit den meisten verschiedenen Sprachen in Deutschland. Hier liegt die Nordseeküste von Schleswig-Holstein sowie die Nordfriesischen Inseln und Halligen des historischen Uthlande im Nordfriesischen Wattenmeer. Ein Land, das immer wieder durch die Kraft des Meeres und durch den Menschen umgestaltet wurde. Die See drang ins Land vor, der Mensch versuchte mittels Deichbaues die Sturmflut auszusperren und Land zu gewinnen. Der in Husum geborene Theodor Storm beschreibt das in seiner Novelle „Der Schimmelreiter“. Der Dichter nennt seinen Geburtsort die „graue Stadt am Meer“.

Hauke Haien Koog / Schimmelreiter

Der „unbürgerliche“ Theodor Storm

Was wäre Theodor Storm ohne seinen Hang zum Spuk und zu verrufenen Orten? Vermutlich wäre ein rührseliger Heimatdichter aus ihm geworden. Denn wären da nicht diese reizvollen Schattierungen von Düstergrau, wie zum Beispiel im Schimmelreiter, würde er kaum den Stellenwert als Dichter besitzen, den er innehat. Er kommt aus dem Bürgertum, aus dieser Welt aus Fleiß, Ordnung, Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit. Im Brotberuf war Storm Richter, eine große Familie hat er gegründet aber wäre er nicht aus der bürgerlichen Reihe getanzt, wer weiß ob er heute noch gelesen würde. Seine Antriebsfeder soll der Sexualtrieb gewesen sein.

Heute, nur heute bin ich so schön; morgen, ach morgen, muss alles vergehen

Theodor Storm

2013, zum 125. Todestag Theodor Storms ist eine neue Biografie erschienen. Sie lässt seine sexuelle Abweichung als geheimes Zentrum seines Werks erkennen. Der Dichter, den wohl jeder Schüler gelesen hat, der war vermutlich pädophil. Storm gilt als der letzte Romantiker und tatsächlich prägen zwei Themen sein Schaffen: Gescheitertes Leben, gescheiterte Liebe, diese aber in allen ihren Facetten.

Theodor Storm in Husum

Theodor Storm, der Meister des Edelkitsches

Thomas Mann, Storm als Norddeutscher wesensverwandt, hat diese Gedichte als „Griff an die Kehle“ bezeichnet. Er meinte damit, dass die Zeilen des Dichters aufgrund ihrer Emotionalität dem Leser die Kehle zuschnüren. Das mag auch am Land liegen, auf dem Theodor Storm geboren wurde. Der Schleswig-Holsteiner von der Westküste ist eigen und er ist eigensinnig, außerdem ist er seinem Land verbunden. Das belegen auch Hebbel, Mommsen oder Klaus Groth.

Es ist doch alles umsonst gewesen

Theodor Storm

Theodor Storm ist nach elf Jahren im „preußischen Exil“, wie er es nannte, mit Begeisterung 1864 nach Husum zurückgekommen. Hier und nach seiner Pensionierung in Hademarschen pflegte er bis zu seinem Tod seine antipreußischen Ressentiments und träumte von einem unabhängigen Schleswig-Holstein.

Der bürgerliche Theodor Storm

Storm war seine (bürgerliche) Abstammung immer wichtig, er selbst brachte es bereits mit 25 Jahren zu einer eigenen Anwaltskanzlei. Er war zeitlebens strebsam. Als Vater war er empört, dass seine drei Söhne so gar nicht in seine Fußstapfen treten wollten. Dabei lag das vermutlich an seiner Erziehung, denn auch der Herr Papa war kein Meister der Anpassung. Die Rebellion gegen das Bürgertum und das Recht auf freie Entscheidung hatte Storm an seine Söhne weiter gegeben. Thomas Mann hat das Leben und Schaffen Storms als Vergeistigung einer seriösen Bodenständigkeit bezeichnet. Denn Theodor Storm hat sich nie von seinen Wurzeln gelöst, sie sind immer Teil seines Schaffens. Die Deichlandschaft Nordfrieslands im Schimmelreiter, Husum in Pole Poppenspäler und schließlich seine „Graue Stadt“, die eine Liebeserklärung an Husum ist.

LINK Realismus und Der Schimmelreiter von Theodor Storm

Thomas Mann und Theodor Storm

Beide stammen aus dem Norden, der in Lübeck geborene Thomas Mann fühlte sich dem Husumer Theodor Storm schon aufgrund der Herkunft nahe. Die holsteinische Westküste war aber nicht die einzige Verbindung der beiden. Der eine war homosexuell, der andere pädophil, beide konnten ihre sexuellen Neigungen niemals ausleben, außer in ihrem künstlerischen Schaffen. Neben Goethe und Wagner war der nordfriesische Erzähler und Lyriker Storm, der damals als Heimatdichter rezipiert wurde, sein künstlerischer Leitstern. Mann war es auch, der die pädophilen Neigungen Storms in dessen Gedichten entdeckt und thematisierte. Dabei hatte es Storm mit seiner Neigung wesentlich leichter als Thomas Mann, denn zur Zeit des Dichters waren Eheschließungen mit 15jährigen Mädchen üblich und Prostituierte waren nicht selten erst zwölf Jahre alt.

Husum in seiner ersten Blüte

Husum bedeutet „Siedlung an der Au“. Es ist ein alter Siedlungsort, das belegen Funde aus der Steinzeit, die man bei der Trockenlegung des Osthusumer Mühlendeich entdeckte. Als nach der „Grote Mandränke“, einer Sturmflut, der Nachbarort Mildstedt zerstört und die Küste zerfranst wurde, entwickelte sich Husum zu einer Hafenstadt mit Marktplatz. Im 15.Jahrhundert zerstritten sich Dänemark und die Hanse. Der dänische König ließ daher die Waren in Husum anlanden und am Landweg nach Flensburg transportieren. Husum wurde in weiterer Folge zu einer eigenständigen Stadt. 1465 erhielt Husum vom dänischen König Christian I. das Privileg einen Stadtvogt anzustellen, ein Gericht abzuhalten und eine Befestigung aus Holz zu errichten. 1507 hatte der Ort 3.000 Einwohner und eine eigene Kirche und rangierte zu einem wichtigen Hafen und bedeutenden Markt in Nordfriesland. Ein Aufstand gegen den dänischen König beendete allerdings diese erste Blütezeit.

Endlich eine Stadt

1522 wurde mit dem Husumer Taler der erste schleswig-holsteinische Taler geprägt und die Reformation hielt Einzug in den Ort. 1577 errichtete sich Herzog Adolf von Schleswig-Holstein-Gottorf eine Residenz bei Husum und verlieh dem Ort am 20.April 1603 das Stadtrecht. Die Gründung von Friedrichstadt (1621) war zwar ein wirtschaftlicher Tiefschlag aber erst die Burchardiflut von 1634 beendete den Wohlstand der aufstrebenden Stadt. Husum selbst war zwar nicht betroffen aber viele Bauern rundherum verloren Land und Leben.

Das dänische Husum wird preußisch

Nach dem Deutsch-Dänischen Krieg wurde das bisher dänische Husum 1867 mit den Herzogtümern Schleswig und Holstein ein Teil Preußens. Die Provinz Schleswig-Holstein war geboren. Damit begann die zweite Blütezeit der Stadt. Durch die Anbindung an die Marschbahn im ausgehenden 19.Jahrhundert entstand in Husum einer der größten Viehmärkte Nordeuropas. Die Stadt vergrößerte sich, denn 1929 wurde Nordhusum und 1934 Osthusum sowie Rödemis eingemeindet. 1912 errichtete der Hamburger Ingenieur Emil Pein ein Gezeitenkraftwerk. Zwischen 1935 und 1945 war Husum dann ein Standort der Wehrmacht sowie der Marinekriegsschule Husum. Der Friesenwall wurde damals von den Häftlingen des KZ Husum-Schwesing errichtet. 1970 schloss man den Viehmarkt

Schloss vor Husum

Das Schloss vor Husum und Pole Poppenspäler

Im Schloss vor Husum, es heißt so, weil es zur Bauzeit vor der Stadt lag, gibt es einen Bezug zu Theodor Storm: das Poppenspäler-Museum. Dieses wiederum bezieht sich auf eine Novelle von Theodor Storm, in Pole Poppenspäler erzählt er vom Fahrenden Volk. In die Heimatstadt des Erzählers Paul Paulsen kommt die landfahrende Künstlerfamilie Tendler aus der Residenzstadt München. Sie führen in der Stadt Puppenspiele auf. Paul darf hinter die Bühne und beschädigt versehentlich den Kasperl. Er ist ehrlich und gesteht die Tat. Paul verliebt sich anschließend in die Tochter der Tendlers und als sie weiterziehen, erlebt er den ersten schmerzhaften Abschied seines Lebens.

Aber alles im Leben ist nur für eine Spanne Zeit

Theodor Storm, Pole Poppenspäler

Das für Adolf I. von 1577 bis 1582 errichtete Schloss vor Husum ist übrigens das einzige Schloss an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste. Es steht auf den Fundamenten des sogenannte Graukloster, einer ehemaligen Franziskanerabtei. Hier befindet sich heute das Poppenspäler-Museum, das Schlosscafé, der Schlosspark und der Herzoginnengarten. Bekannt ist außerdem die Krokusblüte im Schlossgarten.

Hafen von Husum

Das schönste an Husum ist der Hafen

Der Husumer Hafen und die Krabbenbrötchen sind ein „Muss“, als Tourist besucht man allerdings eher den Binnenhafen mit seinen hübschen Häusern, die sich im Wasser spiegeln. Der Hafen ist nämlich in zwei Bereiche, Binnen- und Außenhafen, unterteilt. Während der im Stadtzentrum liegende Binnenhafen lediglich für Sportboote genutzt wird, bildet der vom Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz Schleswig-Holstein betriebene Außenhafen Husum den wirtschaftlich genutzten Hafenteil. Zweimal am Tag spült die Nordsee aufgrund der Gezeiten frisches Wasser in die Stadt, Ebbe und Flut kann man nämlich auch im Binnenhafen gut erleben. Der Hafen gehört dem Lande Schleswig-Holstein und wird betrieben durch den Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz Schleswig-Holstein.

2 Kommentare zu „Husum und Theodor Storm“

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