Adalbert Stifter – sein Leben
„Bertl“, so hieß der Junge, war ein Mann des Biedermeiers. Adalbert Stifter wurde am 23.Oktober 1805 in Oberplan, Böhmen, geboren. Gestorben ist er am 28.Jänner 1868 in Linz. Er war ein bedeutender österreichischer Schriftsteller, Maler und Pädagoge. Seine Familie war arm, Leinenweber im Böhmerwald. Sein Vater verunglückt, der Großvater setzt sich für den Jungen ein, ab vierzehn darf er das Gymnasium des Benediktinerstifts Kremsmünster besuchen. 1826 zieht er nach Wien, er studiert Jura, ein Studium, das er nie abschließen wird. Nebenbei besucht er Vorlesungen über Mathematik, Naturwissenschaften und Kunstgeschichte.
Seine ersten acht Gedichte veröffentlichte Adalbert Stifter unter dem Pseudonym Ostade. Er wird meist als Dichter eingeordnet, Stifter war aber auch Zeichner und Maler und er hat viel für die Bildung getan. Er hatte erkannt, dass man soziale Verhältnisse nur dann verbessert, wenn man Bildung forciert. Ab 1850 ist er Beamter und wird Inspektor der Volksschulen in Oberösterreich, 1855 befördert man ihn zum Schulrat.
Gegen Ende der 1850er Jahre bekommt Stifter gesundheitliche Probleme. Mehrere Kuraufenthalte in Kirchschlag bei Linz folgen. Er arbeitet gerade an seinem historischen Roman „Witiko“. 1866 geht er als Hofrat in Pension. Schuld an seinen Leiden dürfte seine Völlerei gewesen sein. Er nahm täglich sechs Mahlzeiten zu sich, Schnitzel mit Erdäpfelsalat war das zweite Frühstück. Eine Leberzirrhose befördert ihn schließlich ins Krankenhaus. 1868 öffnet er mit einem Rasiermesser seine Halsschlagader. Auf dem St. Barbara-Friedhof in Linz fand Adalbert Stifter seine letzte Ruhestätte.
Das Biedermeier – die Zeit Stifters
Das Biedermeier ist die Zeit wo man in das Idyll flüchtet, sich in den privaten Raum zurückzieht. Es ist jene Zeit ,die zwischen dem Ende des Wiener Kongresses 1815 und dem Beginn der bürgerlichen Revolution von 1848 liegt. Der Begriff geht auf den (fiktiven) Spießbürger Gottlieb Biedermeier zurück. Dieser fiktive Herr Biedermeier war ein Gedichte schreibender, schwäbischer Dorflehrer. Sein „Erfinder“, Eichrodt, schreibt über Biedermeier:
…(dem) seine kleine Stube, sein enger Garten, sein unansehnlicher Flecken und das dürftige Los eines verachteten Dorfschulmeisters zu irdischer Glückseligkeit verhelfen
Ludwig Eichrodt
Das Biedermeier gibt es nur in Österreich, Deutschland und Skandinavien. Die Zeit davor war „wild“. Der Krieg Europas gegen Napoleon, die Völkerschlacht von Leipzig und Napoleons Niederlage bei Waterloo führten zum Wiener Kongress. Die „Heilige Allianz“, Kaiser Franz von Österreich, Zar Alexander und der preußische König Wilhelm III., setzten die Neue Ordnung um. Metternich setzte für Kaiser Franz die Karlsbader Beschlüsse (1819) um. Die Zensur war so drastisch, dass Literaten wie Heinrich Heine und Georg Büchner das Land verließen. Auch Karl Marx, der damals Redakteur bei der Rheinischen Zeitung war, emigrierte. Wer blieb agierte tunlichst unpolitisch. Es ist die Zeit der (spieß)bürgerlichen Kultur, die Zeit Waldmüllers und Turners, Landschaftsbilder passen gut in diesen Zeitgeist. Auch Adalbert Stifter malt Landschaften.
Adalbert Stifter – der Dichter
Stifter entsprach dem „Biedermeier-Zeitgeist“, die Literaten dieser Zeit kamen nicht mehr aus dem Adel, wie es in der Romantik der Fall war. Sie rekrutierten sich aus dem Bürgertum, das in seinen Wurzeln oft aus einfachen Verhältnissen stammte. Die Literatur des Biedermeier wird als „hausbacken“ und „konservativ“ bezeichnet, die Flucht ins „Idyll“ und ins „Private“ ist ein charakteristisches Motiv dieser Epoche. Thomas Mann, ein Fan von Stifter schreibt über ihn:
„Stifter ist einer der merkwürdigsten, hintergründigsten, heimlich kühnsten und wunderlich packendsten Erzähler der Weltliteratur. Hinter der stillen, innigen Genauigkeit seiner Naturbetrachtung ist eine Neigung zum Exzessiven, Elementar-Katastrophalen wirksam„
Thomas Mann
Der deutsche Dramatiker und Lyriker, Christian Friedrich Hebbel steht dem Werk Stifters eher kritisch gegenüber. Seine Rezension zu Stifters „Nachsommer“ fällt entsprechend aus.
„Was wird hier nicht alles betrachtet und geschildert, es fehlt nur noch die Betrachtung der Wörter, womit man schildert, und die Schilderung der Hand, womit man diese Betrachtung niederschreibt“
Christian Friedrich Hebbel
Die Wahrheit liegt wohl irgendwo zwischen Mann und Hebbel. Stifter ist tatsächlich ins Detail verliebt, er ist stellenweise langatmig, schwer zu lesen. Er hat keine „Bücher für Zwischendurch“ geschrieben. Seine Werke sind schwermütig und ziemlich sittlich. Er gilt als Meister der biedermeierlichen Landschaftsbeschreibung, daher wird er oft als Heimatdichter bezeichnet. Die ländliche Lebenswelt war seine Idylle. Viele seiner Erzählungen spielen im Mühlviertel. Stein, Wald und Dorf prägt diese Landschaft, die zwischen den Flüssen Donau und Moldau liegt.
Adalbert Stifter – der Maler
Mehr als 160 Zeichnungen, Aquarelle und Ölbilder entstanden, darunter auch Bilder des Plöckensteinsees und der Burg Wittinghausen. Erste Werke sind aus seiner Schulzeit im Gymnasium in Kremsmünster erhalten. Es handelt sich um Landschaftsbilder, vorwiegend Aquarelle und Zeichnungen. In seinen Wiener Jahren war Stifter als Maler durchaus etabliert, er stellte aus und konnte seine Arbeiten gut verkaufen. Erst später verlagerte er den Schwerpunkt seines Schaffens in Richtung Dichtung. In den Linzer Jahren wird die Malerei zur Therapie. Zu dieser Zeit entstehen seine Mondbilder. In seiner Erzählung „Nachkommenschaften“ schreibt Stifter über die Malerei:
Das Malen ist mir lieber als die ganze Welt; es gibt gar nichts auf der Erde, was mich tiefer ergreifen könnte als das Malen …Wenn das Früh rasch dämmert, wache ich auf und freue mich schon darauf, wieder in den lieblichen Faren wirken zu können, und wenn der Abend kommt, denke ich daran, was der Tag gefördert hat oder wohiner zurückgeblieben ist und male in Gedanken weiter
Adalbert Stifter „Nachkommenschaften“
Adalbert Stifter und das Mühlviertel
Seit 2005 befindet sich im Heimatmuseum Schwarzenberg die Dauerausstellung mit dem Titel „Schwarzenberg am Böhmerwald und das Dreiländergebiet im Leben und Werk Adalbert Stifters“. Die permanente Ausstellung bietet einen Überblick über Stifters Leben sowie sein literarisches und bildnerisches Werk. Sie geht auch auf sein Wirken als Pädagoge und Schulinspektor und seine Schulbauoffensive in Oberösterreich ein.
Kurz hinter der deutschen Grenze befindet sich Neureichenau, dort befindet sich das Rosenberger Gut, hier verbracht Stifter, auf Einladung seines Freundes Franz Xaver, mehrere längere Kuraufenthalte. Kurz hinter der tschechischen Grenze befindet sich das Geburtshaus von Adalbert Stifter, am östlichen Ortsrand von Oberplan (heute Horní Planá) in Südböhmen, befindet sich das 1956 gegründete Museum. Ebenfalls in Tschechien liegt Frymburk, wo die große Liebe des Dichters zu Hause war und Wittighausen, tschechisch, Vitkuv hrádek. Die Ruine der Burg befindet sich zwischen dem Moldaustausee und der Staatsgrenze zu Österreich, auf einem Berg, dem Vitkuv Kamen (1035m) im Böhmerwald.
Für Adalbert Stifter war das Mühlviertel und der Böhmerwald, das „Land der herrlichen Wälder. Er hat zwar den Großteil seines Lebens in Wien und Linz verbracht aber in seinen Erzählungen und Romanen kehrte er immer wieder in den Böhmerwald zurück.