Die ehemalige Benediktinerabtei liegt am Jakobsweg in Katalonien. Das Kloster ist eine der Hauptattraktionen der mit Kulturgütern reich gesegneten nördlichen Costa Brava. Sant Pere de Rodes erhebt sich auf einer Höhe von 500m über dem Meeresspiegel auf der Halbinsel des Cap de Creus, das den nordöstlichsten Zipfel der katalanischen Küste bildet. Um die Ursprünge des Klosters, das im Mittelalter ein europaweit bekannter Pilgerort war, ranken sich viele Legenden. So erzählt man sich zum Beispiel, dass der Leichnam des Heiligen Petrus oder doch zumindest seine Reliquien hier ruhen. Grund genug für die Pilger des katalonischen Jakobsweges einen Abstecher zum Kloster zu machen. In einem alten Reiseführer steht übrigens, dass man vor dem Morgengrauen – auf spanisch madrugada – zum Kloster wandern sollte, um einen spektakulären Sonnenaufgang über dem Cap de Creus von Sant Pere de Rodes oder dem Castell de Sant Salvador zu erleben.
Die Ursprünge von Sant Pere de Rodes liegen im Dunkeln
Die grandiose Aussicht, die heute ein wichtiges Asset der beeindruckenden Ruine ist, verdankt Sant Pere de Rodes der prekären Sicherheitslage der Zeit in der die Abtei gebaut wurde. Die Costa Brava war damals ein beliebtes Ziel für Piraten, das mag der Grund gewesen sein, warum die Benediktiner genau diesen Bauplatz wählten. Und die Zeit muss sehr unsicher gewesen sein, denn das Kloster wirkt wie eine Festung, neben dem Glockenturm steht noch heute der alte Wehrturm. Eine Legende erzählt, dass hier der Heilige Gral aufbewahrt wurde, eine andere, dass die Reliquien des Heiligen Petrus im Kloster bestattet sein sollen. Wer das Kloster wann gegründet hat weiß man nicht.
Müßiggang ist der Feind der Seele
Benedikt von Nursia
Nach einer Legende sollen Mönche aus Rom aufgrund der germanischen Bedrohung an die katalanische Küste geflohen sein. Im Gepäck hatten sie die Reliquien des Heiligen Petrus. Angeblich hatte ihnen Papst Bonifatius IV. im 7.Jahrhundert den Auftrag dazu gegeben. Die Gründung ist unklar, der Bau muss mit den Mitteln des 6. oder 7.Jahrhunderts für die Mönche eine Herausforderung gewesen sein. Wenn sie das erste Kloster überhaupt gebaut haben, denn archäologisch gesichert ist nur die Existenz eines großen spätantiken Gebäudes aus dem 6. Jahrhundert. Wer dessen Architekten und Baumeister waren, das weiß man nicht genau. Erstmals urkundlich erwähnt wurde Sant Pere de Rodes erst im 9. Jahrhundert (878). In dieser Aufzeichnung wird die spätere Abtei als „cella“ bezeichnet, um die sich immerhin zwei Abteien stritten: Sant Esteve de Banyoles und Sant Policarp de Rasès.
Die Architektur ist ein Meisterwerk der katalanischen Romanik
Klar wird die Geschichte von Sant Pere de Rodes erst ab dem 10.Jahrhundert. Denn ein Adliger namens Tassi und ein gewisser Graf Gausfred von Ampurias schenkten dem Kloster große Ländereien. Die Abtei tritt schließlich ins Rampenlicht der Geschichte als auch die Päpste und fränkischen Könige Privilegien spenden und Sant Pere de Rodes im Jahr 944 zur Abtei machen. Eine erste Kirche wurde jedoch erst zwischen dem 11. und 12. Jahrhundert im Stil der katalanischen Romanik gebaut. Spannend ist das Refektorium, denn das ist, in Relation zu den restlichen Gebäuden, ziemlich klein. Vermutlich hatte das Kloster nie mehr als 20 Mönche Stammbesetzung.
Die Umgebung von Sant Pere de Rodes ist „steinreich“
Katalonien ist vielleicht nicht so bekannt für seine Denkmäler der Megalithzeit aber die ersten Megalithanlagen entstanden bereits gegen Ende des Neolithikums (4.400 – 3.600 v.Chr). Diese frühen Siedler waren im Hinterland von Girona, bei Tavertet zu Hause. Sie verwendeten noch keine großen Steinplatten, daher werden diese Bauten als prämegalithisch bezeichnet. Es handelt sich um Kisten – diese Steinkisten, auf Spanisch „Cista“ wurden aus vertikalen Platten errichtet und dann mit einem quadratischen oder rechteckigen Hügel überbaut. Diese Hügelgräber waren außerdem mit großen runden Steinen bedeckt und haben einen Durchmesser von bis zu 22 Metern, bei einer Maximalhöhe von 2 Metern. In Katalonien gibt es sechs Megalithregionen und die Alt Empordà mit der Serra de Rodes, der Serra de l’Albera und dem Cap Creus ist Nummer Eins auf der Liste. Hier entstanden in der Mittelsteinzeit auch die ersten Anlagen für Kollektivbestattungen.
Die Landschaft rund um das Kloster
Das Land am Cap Creus und rund um Sant Pere de Rodes ist rau aber schön. Der Parque Natural de Cap de Creus ist vielfältig und spannend – seine Pflanzenwelt und seine geologischen Formationen sind faszinierend. Er ist ein perfekter Mix aus zwei unterschiedlichen Naturräumen: Land und Meer. Will man ihn genau kennenlernen muss man sich die Landschaft ergehen. Eine Wanderung auf alten Pilgerwegen braucht etwa einen Tag. Das Schutzgebiet entstand 1998 und inkludiert die Halbinsel des Cap Creus (ca. 11.000 Hektar) und das Meer an der Küste (ca. 3.000 Hektar). Der höchste Punkt im Nationalpark ist der Sant Salvador mit 670 Metern über dem Meeresspiegel. Die hier lebenden Pflanzen müssen mit Wind und Trockenheit umgehen können, trotzdem ist die Flora artenreich. Aleppo-Kiefern, Korkeichen und Steineichen halten das Klima gut aus. In geschützten Lagen findet man auch Ulmen, Eschen, Erlen, Haselstauden und Weiden. Mastix, Wacholder, Heidekraut und Zistrosen wachsen überall.
Das Leben der Benediktiner war einfach und hart
Die Zeit der großen Klöster ist vorbei, heute gibt es weltweit nur noch etwa 8.000 Benediktinermönche, die 341 selbständigen Mönchsklöstern angehören und etwa 16.000 Benediktinerinnen, aufgeteilt in 840 Klöstern. In Deutschland gehören 34 Männer- und 27 Frauenklöster zum Benediktinerorden, in Österreich 15 Männer- und 4 Frauenklöster und in der Schweiz 9 Männer und 12 Frauenklöster. Begründer des Ordens war Benedikt von Nursia, der lebte von 480 bis 587 in Italien. Mit Montecassono gründete er 529 das erste Kloster am Festland Europas und verfasste die ersten Ordensregeln für das Leben im Kloster. Der Tag wird durch das Gebet gegliedert – sechsmal am Tag versammelt sich die Ordensgemeinschaft zum gemeinsamen Gebet. Die Mönche und Nonnen arbeiten heute entweder im Kloster oder auch als Seelsorger, Lehrer, Erzieher und Handwerker.
Ora et labora – Bete und arbeite
Verfasser unbekannt
Der Tag eines Benediktiners wird noch immer von einem Wechsel zwischen Gebet und Arbeit geprägt. Dieses Leben im Rhythmus von „Ora et Labora“ gilt als typisch benediktinisch und beginnt jeden Tag um 6:00 Uhr. Die stille Zeit vor dem gemeinsamen Gebet wird für die Meditation und für die Lectio divina, der Schriftbetrachtung, genutzt. Um 6:30 findet dann das Morgengebet, die Matutin statt. Um 7:00 werden die Laudes gesungen und anschließend wird der Tag besprochen. Danach gibt es Frühstück, dieses wird schweigend eingenommen. Nach einem persönlichen Gebet oder einer stillen Meditation, vielleicht auch einer geistlichen Lesung in der Hauskapelle oder in der Zelle, beginnt die Zeit der Arbeit. 11:45 ist 15 Minuten Mittagsgebet und anschließend wird schweigend gemeinsam im Refektorium gegessen. Um 17:30 findet die Vesper und Eucharistiefeier statt und anschließend, um 18:30 gibt es Abendessen. 20:15 ist Rekreation und um 21:00 gibt es die Komplett plus Nachtruhe.
Die Klosterkirche beeindruckt aufgrund ihrer Dimensionen
Aufgrund der Lage ist Sant Pere de Rodes in Terrassen angelegt und im Kern des verschachtelten Gebäudekomplexes steht die Klosterkirche mit Kreuzgang. Beide wurden um das 11.Jahrhundert errichtet. Die Kirche selbst ist eine dreischiffige Basilika mit Querschiff und drei Apsiden – also eine klassische Dreikonchenanlage der Romanik. Ihre Dimensionen sind beachtlich, mit einer Länge von 37 Metern und einer Höhe von 15 Metern erreicht die Kirche von Sant Pere eine räumliche Ausdehnung, die für die Zeit ihrer Erbauung absolut ungewöhnlich ist. Dieser Eindruck der räumlichen Weite wird noch verstärkt durch die auf hohen Pfeilern ruhenden, klassisch inspirierten Säulen, welche die Rundbögen stützen.
Von der Kirche aus führt eine Treppe in die Krypta mit ihren in den Stein gehauenen Gräbern, die zum Teil noch aus dem 9. Jahrhundert stammen. Der alte Kreuzgang entstand etwa geleichzeitig, er wurde erst 1989 unterhalb eines später erbauten Kreuzgangs gefunden. Der viereckig angelegte erste Kreuzgang ist geprägt von einer soliden Bauform mit großen Rundbögen und einem Tonnengewölbe. Der neue Kreuzgang stammt dagegen aus dem 12. und 13. Jahrhundert und nur wenige seiner Säulen sind heute im Original erhalten. Die Türme sind lombardisch. Der beeindruckende Glockenturm stammt wahrscheinlich aus dem 11. oder 12. Jahrhundert und sein Nachbar, der Verteidigungsturm des Klosters, wurde vermutlich im 10.Jahrhundert errichtet.
Sant Pere de Rodes und der Meister von Cabestany
Cabestany ist ein Nest in Frankreich, das etwa sechs Kilometer von Perpignan entfernt ist. Vermutlich würde keiner außer seinen Bewohnern den Ort kennen, wenn da nicht das Tympanon von Cabestany wäre, das ein anonymer Künstler schuf. In den 1930er-Jahren fiel auf, dass ein lokaler Künstler viele großartige romanische Steinmetzarbeiten geschaffen hatte. Der Kunsthistoriker Joseph Gudiol gab ihm 1944 den Namen: „Der Meister von Cabastany“. Er muss ein fleißiger Mann gewesen sein, denn seine Arbeiten finden sich in den französischen Departements Aude und Pyrénées-Orientales, im Norden Kataloniens, in Navarra und sogar in der Toskana. Insgesamt hat man 121 Skulpturen katalogisiert, die diesem Meister oder seiner Werkstatt zugeschrieben werden. Der Meister von Cabestany ist ein Meilenstein der religiösen Kunst des 12. Jahrhunderts und er hat auch in Sant Pere de Rodes gearbeitet.
Die Ermita de Santa Helena de Rodes
Die Kirche sollte man nicht auslassen, sie ist vielleicht nicht so spektakulär wie die Benediktinerabtei aber sie ist spannend. Eine erste Erwähnung stammt aus dem Jahr 974. Der Bau war damals die Pfarrkirche der Gemeinde Creus, die heute nicht mehr existiert. Die erste Kirche war nur einschiffig, mehr Kapelle als Kirche. Im 10.Jahrhundert erweiterte man sie um eine trapezförmige Apsis. 1997 wurde sie schließlich als „Església de Santa Helena de Rodes“ unter Denkmalschutz gestellt. Hinter der Kirche befindet sich ein Dolmen, der darauf hinweist, dass der Platz schon lange ein Kultplatz ist. Der Paradolmen de la Pallera aus dem 3.Jahrtausend v.Chr. ist in „walking distance“. Bei dieser, in Katalonien verbreiteten, Megalithanlage handelt es sich um einen Dolmentyp der zum Teil aus Findlingen oder Felsformationen besteht, die einen natürlichen Hohlraum bilden, der dann ohne viel Aufwand zu einer Kammer ausgebaut werden kann.
Der Jakobsweg in Katalonien
Der Camino Catalán ist eine historisch belegte Wegstrecke der Jakobspilger und verläuft mehr oder minder entlang der alten Römerstraßen, nämlich der Via Augusta und der Via Domitia. Er beginnt in Perpignan als Abzweigung der Via Tolosana und überquert am Coll de Perthus die Pyrenäen. In Katalonien führt er, mit einem Abstecher bei Sant Pere de Rodes über La Jonquera und Girona nach Barcelona um dann via Montserrat, mit Zubringer von Tarragona, weiter nach Logrono zu führen. Von der Schwarzen Madonna geht man anschließend auf der Ruta de Ebro via Saragossa weiter. Der Camino Catalán verbindet sich in Logrono mit dem Hauptweg, dem Camino Francés. Die Legende vom Heiligen Gral und die Vorstellung, dass die Knochen des Heiligen Petrus in Sant Pere de Rodes ihre letzte Ruhestätte gefunden hätten, waren für die Jakobspilger gewichtige Argumente den Umweg über die Abtei in Kauf zu nehmen.
Der el Port de la Selva am Cap Creus
Gemeint ist damit der Küstenort mit 970 Einwohnern aber auch die Gemeinde el Port de la Selva in der autonomen Region Katalonien. Die Gemeinde liegt am Golfe du Lion an der Costa Brava an der Grenze zum Parc Natural del Cap de Creus. Taucher und Surfer kennen den Badeort am Kap aber er ist auch für Wanderer ein guter Ausgangspunkt um den Nationalpark zu besuchen oder nach La Vall de Santa Creu zu gehen. Der Kleine Ort war bis 1787 eine unabhängige Gemeinde. Heute hat er etwa vierzig Häuser und sehr nette kleine Gassen, die abgesehen von der Hauptstraße die zum Brunnenplatz führt, alle ziemlich steil sind. Früher gab es hier Mühlen, die Mola d’en Pairet und die Canavall Mühle sind noch erhalten. Man kann von hier aber auch bis zum Kloster Sant Pere de Rodes wandern, dabei muss man allerdings fast 500 Höhenmeter überwinden.
Ein paar Worte zu Roses
Roses wurde vermutlich von griechischen Kolonialisten aus Rhodos gegründet, daher auch der Name, heute ist es der größte Badeort an der nördlichen Costa Brava. Seine Nähe zu Barcelona, die langen Sandstrände, eine gute touristische Infrastruktur und die reizvolle Umgebung zieht viele einheimische Urlauber an. Die Weine von Roses sind gut und die Restaurants ebenfalls, auch wenn das ehemalige Flaggschiff der Gastronomie, das Restaurant El Bulli von Ferran Adrià in der Cala Montjoi, nicht mehr existiert. Fangfrischen Fisch und Meeresfrüchte kann man in Roses noch immer bekommen, denn der Fischereihafen ist der wichtigste in Katalonien. Spannend ist der Parc Megalític de Roses. Die Dolmen und Menhire aus der Jungsteinzeit datieren um etwa 4000 v. Chr. Besonders der Dolmen Creu d’en Cobertella ist beeindruckend, immerhin ist er der größte von Katalonien. Er wurde 1964 unter Denkmalschutz gestellt und hat einen vier Tonnen schweren Deckstein.