Die Provinz Tarragona liegt in „Ostspanien“ und zwar in der autonomen Region Katalonien. Dieser Teil der Mittelmeerküste wird unter dem touristischen Markennamen Costa Dorada vermarktet. Die Hauptstadt an der „Goldküste“ steht da, wo sich auch der archäologische Komplex Tarraco befindet, der von der UNESCO zum Weltkulturerbe der Menschheit erklärt wurde. 218 v. Chr. eroberten die Römer die vorher iberische Stadt und nannten sie Tarraco. Sie wurde die Hauptstadt der römischen Provinz Hispania Citerior. Daher ist die inmitten ausgedehnter Strände liegende katalanische Stadt reich an Bauwerken aus römischer Zeit – etwa dem Circus und den am Meer gelegene Amphitheater sowie einem kleineren Theater, dem Forum Romanum, dem Torre dels Escipions, dem Triumphbogen Arc de Berà, dem Mausoleum von Centcelles und dem etwas außerhalb der Stadt gelegenen Aquädukt, auch Pont del Deable – die Teufelsbrücke genannt. Neben den römischen Überresten gibt es noch eine bemerkenswerte Kathedrale und eine kuschelige Altstadt zum Genießen.
Die Altstadt rund um die Kathedrale ist ein nettes Wohnzimmer
Zwischen Mittelmeer und den antiken Stadtmauern befindet sich die Altstadt mit der Kathedrale Santa María. An derselben Stelle thronte einmal der römische Jupitertempel und später stand auf seinen Resten eine maurische Moschee. Eindrucksvoll spiegelt die „Se“ die Übergänge der einzelnen Epochen wider: von romanischen Portalen und Kapitellen über gotische Kreuzrippengewölbe bis zu den barocken Anbauten. Die Arkadengänge auf der Calle Mercería haben ihren Ursprung im Mittelalter, ebenso auch die Calle de Cavallers, eine der wichtigsten Straßen des mittelalterlichen Tarragona. Nicht weit entfernt, vis à vis der Calle Rambla Vella liegt das neuzeitliche Tarragona mit seiner Rambla Nova, die bis zum Paseo de las Palmeras und dem sogenannten Mittelmeer-Balkon führt – von hier genießt man einen einmaligen Blick auf das Meer und den Strand Playa de El Miracle. Der beste Platz für einen gemütlichen Kaffee ist allerdings der Rathausplatz, der in Tarragona „Placa de la Font“ heißt.
Die Kathedrale Santa Maria und ihr Kreuzgang
Die Baugeschichte der Kathedrale und ihres Kreuzganges ist, was die Chronologie betrifft, „in Diskussion“. Der Bau der „Se“ wurde als Basilika mit drei Schiffen um die Mitte des 12.Jahrhunderts begonnen, fix ist, dass die Kirche 1331 eingeweiht wurde. Den Kreuzgang datiert man in die Zeit zwischen 12.und 13.Jahrhundert, also in die Phase der Romanik. Mit 46×46 Metern ist er der zweitgrößte Kreuzgang der iberischen Halbinsel. Der Grund warum man ihn besuchen sollte sind seine Kapitelle. Es sind 295 an der Zahl und sie sind allesamt kunsthistorisch bedeutend. Man kann vier Grundtypen unterscheiden: Pflanzenkapitelle, Fabelwesen und Monster, Kapitelle mit Fabeln und schließlich jene die Bibelstellen in Stein zitieren. Das bekannteste Kapitell ist jenes mit den Ratten, zu dieser Darstellung gibt es verschiedenste Interpretationen. Sehenswert ist auch das Portal des Kreuzgangs mit der Darstellung der Apokalypse und der große Retabel mit den Bruder Johann 1429 den Hauptaltar vollendete.
Die Rattenprozession – Schlaue Katze oder Katzenbegräbnis?
Es gibt ein spannendes Relief im Kreuzgang der Kathedrale von Tarragona. Das Mittelalter war eine Zeit der Analphabeten. Inhalte die man unters Volk bringen wollte, wurden daher bildlich dargestellt. Man sieht eine Rattenprozession die eine dicke Katze, auf einer Bahre liegend, begleitet. Interpretationen zu dieser Darstellung gibt es mehrere: Eine erzählt, dass Tarragona einst einer großen Rattenplage ausgesetzt war und eine sehr schlaue Katze, die im Dienste einer Adelsfamilie der Stadt stand, die Ratten überlistete. Die Katze täuschte vor tot zu sein, die Ratten richteten daher ein Begräbnis für die Katze aus. Als alle Ratten versammelt waren, sprang die Katze plötzlich auf und tötete alle Ratten. Eine andere Geschichte erzählt, dass die dicke Katze den Klerus und den Adel repräsentiert, der sich am Volk, das durch die Ratten dargestellt wird, so überfressen hat, dass sie schließlich gestorben ist. Das Volk, hier im Relief die Ratten, feiert also seine neue Freiheit.
Die Stadt der Römer liegt in Tarragona nur einen Stock tiefer
Die Archäologen kennen das römische Tarraco ganz genau, man hat die 2.200 Jahre alte Stadt exakt vermessen und man könnte sie freilegen aber dabei würde man „neuere“ allerdings kunsthistorisch ebenfalls bedeutende Gebäude zerstören. Im Stadtmuseum gibt es ein Modell der antiken römischen Stadt, dieses legt nahe, dass Tarragona unter Augustus eine besondere Bedeutung hatte, immerhin regierte er das römische Imperium kurze Zeit von hier aus. Laut Sueton trat er hier sein 8. und 9. Konsulat an. Rom war damals über den Seeweg nur zehn Tagesreisen entfernt. Der Circus, also die Wagenrennbahn, mit seinen 30.000 Plätzen und das Amphitheater mit etwa 14.000 Sitzen belegen, dass Tarragona mehr war als „nur“ eine Provinzhauptstadt. Während Rennbahn und Arena gut zu sehen sind, liegen viele römische Gebäude heute unter der Stadt begraben. Sie bilden die Fundamente der Kathedrale, des Rathausplatzes oder des jüdischen Viertels von Tarragona. Ihre Überbauung ist kunsthistorisch wertvoll.
Das römische Tarragona – die Arena am Meer
Die Römer nannten Tarragona die „Stadt des ewigen Frühlings“, das mag stimmen, denn das Wetter ist hier eindeutig besser als in Barcelona. Seit hier an der Costa Dorada im Jahr 218 v.Chr. römische Legionäre landeten und eine erste Garnison zur Eroberung der Iberischen Halbinsel errichteten, hat sich viel getan. Aus dem Militärlager wurde eine Stadt, die unter Augustus ihre erste Blütezeit hatte. Stadtmauer, Forum, Thermen, Theater, Amphitheater, Wagenrennbahn, Aquädukt, Nekropole, alles war da und manches ist noch immer zu sehen. Die Arena von Tarraco wurde Anfang des 2. Jahrhunderts erbaut. Einen Teil der Sitzreihen hat man direkt in den Felsen gehauen, das Amphitheater war für 14.000 Zuseher konzipiert und misst 109,5×86,5 Meter. Hier traten die Gladiatoren auf, Tierschauen wurden abgehalten und öffentliche Hinrichtungen waren ebenfalls auf dem Spielplan. 259 wurde hier Bischof Fructosius öffentlich verbrannt, im 6.Jahrhundert bauten man dann an dem Platz eine westgotische Basilika.
Das römische Tarragona – die Stadt
Vom Amphitheater sieht man ein Gebäude mit einer Statue von Kaiser Augustus. Es ist das Archäologische Nationalmuseum. Zwei Jahre regierte Augustus das Imperium Romanum von Tarraco aus, daran erinnert die Plastik. Der kurze Weg dorthin kreuzt die Via Augusta, die früher Tarraco mit Narbo Martius, dem heutigen Narbonne in Frankreich, verband. Gleich hinter dem Museum liegt das sogenannte Prätorium, ein Turm an der Stadtmauer, über dessen Treppen man vom unteren Stadtteil über den Circus bis zum Forum gelangte. Im Turm befindet sich heute das Geschichtsmuseum mit einigen interessanten Inschriftensteinen. Vom Dach des Turmes hat man eine tollen Panoramablick. Verlässt man diesen Teil der ehemaligen römischen Provinzhauptstadt, kommt man wie früher direkt zum Circus. Wagenrennen waren damals Topevents, beliebter als die Gladiatorenkämpfe in der Arena. Die Wagenlenker waren daher so etwas wie „Popstars“ und manche auch Spitzenverdiener. Über das Forum erreicht man den Jupitertempel, da steht heute allerdings die Kathedrale Tarragonas.
Die Stadtmauer von Tarragona muss man sehen
An der Stadtmauer sitzt auch Richard Wagner, er ist dargestellt als antiker Athlet. Mit der römischen Antike oder den Stadtmauern hat er nichts zu tun. Er sitzt hier, weil der lokale Verein der Wagner-Freunde sehr rege ist. Die Stadtmauer wurde im 2.Jahrhundert v.Chr. gebaut. Sie war ursprünglich 3,5 Kilometer lang aber davon sind nur 1.100 Meter geblieben. Der archäologische Rundweg verläuft zwischen der römischen Mauer und den modernen Unterwall mit seinen Gartenanlagen. Die Mauern mit ihrer Höhe von 6 Metern wirkt imposant. Sie wurde nach dem Einmarsch von Publius Cornelius Scipio Africanus errichtet, denn in der Zeit des zweiten Punischen Krieges war Tarragona ein wichtiges Militärlager. Diese Mauern waren eine Weiterentwicklung der alten Holzpalisaden und Wallanlagen. Sie bestehen aus massiven Naturstein, Ziegel und römischen Zement. Die Stadtmauer gehört übrigens zu den ältesten Bauwerken römischer Zeit, die außerhalb Italiens erhalten geblieben sind.
Tarragona braucht mindestens einen Tag und es schmeckt gut
Tarragona bietet sich als Tagesausflug von Barcelona aus an. Das Stadtzentrum mit seinen römischen und mittelalterlichen Gebäuden schafft man gut zu Fuß. Für eine Pause stehen die vielen Cafés zur Verfügung oder einer der Hausstrände des Stadt. Die Küche Tarragonas ist übrigens sehr gut. Im Fischerviertel „El Serrallo“ kann man zum Beispiel den Blaufisch von Tarragona oder eine Seemannspaella mit schwarzen Reis probieren. Ein typisches Gerichte der Provinz ist auch die „Cassola de romesco“. Romesco ist eine würzige, leicht scharfe Sauce aus Paradeisern, Mandeln, Knoblauch, Haselnüssen, getrockneten Paprika, gerösteten Brot, Olivenöl, Weinessig und Wein. Regional aus der Provinz kommen Haselnüsse, Mandeln, Olivenöl, Gemüse, Fleisch, Eier sowie Pilze, Kartoffeln und Maronen aber auch Reis und Zitrusfrüchte . Und – nicht zu vergessen, der Wein, Tarragona ist eine gute Weinregion.
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