Ägypten ist nicht nur Nil und Pyramiden, es gibt im Westen, 450 Kilometer südwestlich von Kairo, eine Wüste die eigenartiger nicht sein könnte. Im ägyptischen Teil der Libyschen Wüste, zwischen den Oasen Farafra und Bahariya, liegt eine Landschaft wie von einem anderen Stern. Sandstürme und Wind haben über Jahrmillionen den Kalkstein geformt - so dass die "Weiße Wüste" heute wie ein Skulpturenpark wirkt. Seit 2002 besteht hier ein Nationalpark.
Die Formationen der weißen Kalksandsteinfelsen sind infolge der Erosionswirkung des Windes zu bizarren Gebilden ausgeformt worden. Manche Formen erinnern an „Pilze“, ein kleineres Areal mitten in der weißen Wüste wird daher von den Einheimischen auch Mushroom-Valley genannt. In der Wüste fungieren verschiedenste Erosionsformen als „Bildhauer“, Wind und Temperaturunterschied zum Beispiel in Kombination mit unterschiedlicher Härte des Felsmaterials können faszinierende Skulpturen entstehen lassen.
Wie entstehen die Skulpturen der weißen Wüste?
Bei den Kalkstein-Monolithen handelt es sich um sedimentiertes und kalzifiziertes Plankton aus dem Ende der Kreidezeit von vor 80 Mio. Jahren, als das heutige Mittelmeer noch die Wüste bedeckte. Bestandteil der Kalksandsteine sind oft Kristallgruppen bestehend aus limonitisiertem Pyrit bzw. Markasit. Sie waren ursprünglich voll im Kalksandstein eingebettet. Die Sandstürme von Jahrtausenden und Jahrmillionen trugen das weiße Gestein jedoch systematisch ab und wehten den Sand weit in die Wüste hinein. Was übrig blieb, sind diese limonitisierten Pyrit-/Markasit-Knollen, die Pilze.
Das Kerngebiet der Weißen Wüste umfasst eine Fläche von etwa 12 km mal 12 km. Der 2002 gegründete Nationalpark erstreckt sich über 3010 km² mit einer weiteren Pufferzone von 971 km².
Die Oase Farafra
Die Oase liegt in der gleichnamigen Senke, der größte Ort ist mit 2.500 Einwohnern Qasr el-Farafra. Der nächste größere Ort, Asyut ist etwa 300 Kilometer entfernt. Zur Zeit der Pharaonen hat man das Gebiet als „Land der Kuh“ – „Ta-iht“ bezeichnet. Eine Besiedlung lässt sich seit etwa 10.000 Jahren nachweisen. Die meisten noch erhaltenen Überreste stammen aus römischer und koptischer Zeit.
Die Oase Bahariyya
Bahariyya ist größer als Farafra und hat neben einer großen Palmarie auch archäologisch interessante Überreste. Es gibt hier mehr Wasser – die Oase ist eine der fünf bewohnten Senken im ägyptischen Teil der Libyschen Wüste. Sie liegt etwa 370 Kilometer südwestlich von Kairo. Die etwa ovale Senke erstreckt sich 94 Kilometer von Nordosten nach Südwesten und umfasst eine Fläche von etwa 2000 km². Die Senke ist von Bergen umgeben und verfügt über zahlreiche Quellen.
Für die Forscher des 19.Jahrhunderts war Bahariyya nur ein Ort der Durchreise, erste ernstzunehmende Forschungsarbeiten wurden hier erst im 20.Jahrhundert von Ahmed Fakhry durchgeführt. Seit den 70ern des 20.Jahrhunderts forschen hier französische, und seit dem Millennium, infolge der Funde im „Tal der Goldenen Mumien“, auch verstärkt ägyptische und tschechische Archäologen.
Das Tal der Goldenen Mumien
Das war eher ein Zufallsfund, eigentlich hat ein Esel das Gräberfeld gefunden. Man erzählt, dass der Esel des Bauern Abdul Maugud in einem eingebrochenen Grab stecken blieb. Erste Grabungen begannen 1999, es handelt sich bei der Fundstelle um den größten Friedhof aus dieser Zeit in Ägypten. Seine Fläche beträgt etwa 25 Km² und man schätzt etwas optimistisch, dass hier etwa 10.000 Menschen in der Zeit von 200 v. Chr. bis 100 n. Chr. bestattet wurden.
Die Oase Siwa
Da befand sich ein bekanntes Orakel, auch Alexander der Große soll es aufgesucht haben, heute erinnern nur noch Ruinen daran. Die Geschichte der Oase lässt sich bis in die 18. Dynastie, also 3.500 Jahre, zurückverfolgen. Der Haupttempel, dem Gott Amun geweiht und die Sprüche seines Orakels waren weit über die Grenzen des Reichs der Pharaonen bekannt. Der bekannteste Besucher des Orakels ist zweifellos Alexander der Große, er kam allerdings nicht aus Neugier, er ließ sich hier als „Sohn des Zeus“ legitimieren. Damals war Siwa unter dem Namen Ammonium bekannt
Siwa ist noch immer schön, auf seine Art, ein Spaziergang durch Alt-Siwa , der Amun Tempel, die Oase oder der See ist ein großartiges Erlebnis. Besonders das Labyrinth der aus Stampflehm errichteten Häuser in Alt-Siwa lässt ein bisschen Entdeckergefühl aufkommen und es hat was, da zu sitzen, wo Alexander der Große stand und sich zum Sohn des Zeus machte.
Fazit
Eine Tour durch die Libysche Wüste, ein Besuch der Oasen und der Weißen Wüste, ist nicht superkomfortabel aber das Erlebnis lohnt den Aufwand. Die Landschaft ist grandios und sie ist so ganz anders als all das, was man sonst so in Wüsten sehen kann. Es gibt kaum jemanden, der von den „Pilzen“ nicht beeindruckt ist. Man sollte mindestens eine Sternennacht und einen Sonnenaufgang in dieser Landschaft erleben. In den Oasen gibt es mittlerweile recht komfortable Unterkünfte, in der Wüste muss man mit einem Zelt vorliebnehmen. Neben der beeindruckenden Natur gibt es interessante archäologische Stätten und es existiert noch recht viel Lehmarchitektur und ursprüngliches Leben in den Oasen. Aktuell ist die Weiße Wüste aus Sicherheitsgründen schwer zu bereisen aber die Zeiten werden sich ändern – und dann, wenn sie wieder „offen“ ist, dann ist es eine Reise die sich lohnt.