Bhutan ist das letzte buddhistische Königreich im Himalaja, eingezwängt zwischen den Nachbarn Indien und China. Mehr als tausend Jahre hat das kleine Land, Druk Yul, „Land des Donnerdrachens", genannt in seiner abgeschiedenen Lage überlebt. Es wurde nie erobert, nie kolonialisiert. Das kleine Königreich liegt versteckt im Himalaya, öffnet sich nur langsam und gilt deshalb als eines der letzten Paradiese: Bhutan setzt auf Nachhaltigkeit statt auf Massentourismus – was Touristen jedoch teuer bezahlen müssen. Für Touristen gilt ein fixer Tagessatz, Bhutan ist also kein Land für Rucksacktouristen.
Hier geht alles etwas langsamer. Schließlich ist die Luft dünner in Bhutan. 80 Prozent des kleinen Himalaya-Staates liegen auf mehr als 2000 Metern Höhe. Der Rest der Welt scheint weit weg, versteckt hinter den hohen Bergen. Doch nach mehr als 1000 Jahren Isolation von der Außenwelt öffnete sich das Land in den 1990er Jahren für den Tourismus – ganz langsam und behutsam. 1974 kamen die ersten Touristen. Und selbst Jahrzehnte später war die Zahl der Fremden auf knapp 5000 pro Jahr begrenzt. 1999 flimmerten erstmals Fernsehbilder über die nun per königlichem Dekret erlaubten Kleinbildschirme. Wenige Wochen später öffnete das erste Internet-Café. 2008 folgte die Demokratie, die die Bhutaner gar nicht gefordert hatten, ihr König aber verordnete.
Veränderungen haben es hier traditionell schwer. Verantwortlich dafür ist sicher auch die, schon angesprochene, abgeschiedene geografische Lage: Bis in die 60er-Jahre war Bhutan nur in einem fünftägigen Fußmarsch von Indien aus zu erreichen. Zerrissen durch drei Haupttäler, eng und tief eingeschnitten in die karge Natur und eingekeilt zwischen den Großmächten Indien und China, findet das Land seit Jahrhunderten seinen eigenen Weg des Überlebens. Mit Erfolg. Bhutan ist politisch und wirtschaftlich weitgehend unabhängig. Die Beziehungen mit Indien sind offizieller, intensiver aber jene zu China sind ebenfalls nicht schlecht, sie laufen nur informeller ab. Mit Nepal gibt es Probleme.
Mittlerweile ist eine Reise dorthin schneller möglich, wenn auch nach wie vor unvorhersehbar. Die staatliche „Druk Air“ verbindet das Königreich mit der Außenwelt – insofern es das Wetter zulässt. Hängen die Wolken über den Bergen von Paro zu tief, müssen schon mal Gepäck oder Passagiere zurückbleiben, um den Aufstieg über den Himalaja zu schaffen. Vollgetankt hebt sowieso keine Maschine ab, zu schwer wäre das Fluggerät. Stattdessen gibt es auf dem Weg nach New Delhi regelmäßig einen Tankstopp.
Frieden, Mitgefühl, Toleranz, Harmonie - im Zusammenleben mit Menschen ebenso wie mit Tieren und Pflanzen - dies sind zentrale Werte in Bhutan. Viele Nutztiere zum Beispiel dürfen tagsüber frei herumlaufen. Die Bauern sperren sie nicht hinter Gatter, sie bauen lieber Zäune um ihre Pflanzen. Die 750.000 Einwohner verlieren sich in dem Land von der Größe der Schweiz. Die Menschen sind arm, viele sind Selbstversorger und leben von dem, was auf ihren Feldern wächst. Dennoch spricht in Bhutan niemand von Krise, denn zum einen liegt das Land im toten Winkel der globalen Waren- und Finanzströme. Und zum anderen ist das allgemeine Glück der Untertanen - und das ist weltweit einzigartig - seit über drei Jahrzehnten ganz offiziell höchstes Ziel der königlichen Regentschaft von Bhutan. Wie misst man nun die Zufriedenheit eines Volkes - zählt man, wie oft die Menschen fluchen, lachen, weinen? In Bhutan geht man streng demoskopisch vor. Mit einer detaillierten Erhebung auf Grundlage von 290 Fragen wird die Gemütslage des Volkes permanent ergründet. Mitarbeiter des "Centre for Bhutan Studies" gehen damit von Haus zu Haus. Antworten zu erhalten ist gar nicht so einfach, denn die Menschen des Landes sind sehr zurückhaltend.
2008 wurde der heutige König gekrönt. Er ist der jüngste Monarch der Welt: Zwei Jahre nach seiner Ernennung zum Staatsoberhaupt ist in Bhutan König Jigme Khesar Namgyel Wangchuck gekrönt worden, er ist der fünfte König des Landes, der Drachenkönig. Die Krone bekam er bei einer feierlichen Zeremonie in Bhutans Hauptstadt Thimphu aufgesetzt. Der Tag der Krönung sollte ein besonderer sein. Der 6. November 2008 ist nach bhutanischer Zeitrechnung der achte Tag des neunten Monats im Jahr der Männlichen Erd-Ratte. Und der bringt dem Thronfolger und seinem Volk besonders viel Glück - glauben die Bhutaner. Jigme Khesar wurde am 21. Februar 1980 geboren, nach bhutanischer Zeitrechnung im Jahr des Eisernen Affen. Er ist das älteste von zehn Kindern, die sein Vater gemeinsam mit vier Ehefrauen hat, die wiederum alles Schwestern sind. Jigme Khesar besuchte die Schule in Bhutan, wo der König engen Kontakt zum Volk hatte, gemeinsam mit anderen Kindern und lernte außerdem traditionelle Künste wie den Maskentanz. Allerdings hat der Drachenkönig unter anderem auch am Magdalen College der Universität Oxford studiert - und einen Master in Politikwissenschaften. 2011 heiratet der damals 31-jährige Monarch seine große Liebe, die zehn Jahre jüngere Pilotentochter Jetsun Pema. Es war eine Zeremonie wie aus dem Märchen in einem der abgelegensten Länder der Erde. Der König trug eine Krone mit Rabenkopf darauf, die Mönche sangen, als er sich von seinem Thron erhob, um seine Königin in Empfang zu nehmen. Sie kam begleitet von Mönchen, Ministern und Angehörigen, das Gefolge wurde von einem weißen Pferd angeführt. Die Töne von langen Hörnern füllten das Tal, in dem sich die Klosterfestung Punakha befindet, rund 70 Kilometer nordöstlich der Hauptstadt Thimphu. Punakha ist der heiligste Ort Bhutans. Rund 1500 Gäste waren geladen, das Fernsehen übertrug live. Den Zeitpunkt der Trauung um 8.20 Uhr am Morgen hatten Astrologen festgelegt. Zwei Stunden dauerte die Zeremonie in den Gemäuern aus dem 17. Jahrhundert, in dem der Gründer Bhutans, Shabdrung Ngawang Namgyel, begraben liegt.