Was ist Reisen? - Darüber könnte man Bücher schreiben. Reisen ist alles oder nichts und es ist für jeden Menschen etwas anderes. Meistens hat es mit Sehnsucht zu tun, eine Art Fernweh, die Menschen antreibt ihre vertrauten vier Wände zu verlassen und "etwas anderes" zu erleben. Manche packen den Koffer um Urlaub am Bauernhof zu machen, andere zieht es in "die Ferne". Die einen suchen das Vertraute, die anderen möchten "das Fremde" kennenlernen. Reisen ist meistens eine Suche nach sich selbst und man kann sich auf der Alm finden oder in der Wüste, jedenfalls so ein bisschen ...
Fangen wir an mit dem Fernweh
Das Fernweh scheint es tatsächlich zu geben. Eigentlich immer schon hat der Mensch diese Sehnsucht, er ist länger mobil als er sesshaft ist, das ist eine Tatsache. Das Reisen scheint uns in den Genen zu liegen, selbst die Reisemuffel verreisen, vielleicht nicht so weit wie der Typ "Entdecker" aber auch Reisemuffel packen regelmäßig ihre Koffer, es zieht sie nur nicht so weit fort. Die WTO hat das erkannt, sie formuliert 1999 folgenden Grundsatz:
„Der Mensch ist von jeher durch Neugierde und Fernweh geprägt, in sämtlichen Epochen spielte das eine große Rolle. Reisen ist ein Menschheitstraum.“
Manche Menschen zieht es bis aufs "Dache der Welt", andere sind mit einer Auszeit in den heimischen Alpen auf einer Almhütte völlig zufrieden. Die Koffer gepackt haben beide, der Tibet-Reisende genauso, wie der Freund der heimischen Berge und beide wollen "aussteigen", wenigstens für eine Zeit. Etwas anderes erleben ist wichtig, reißt es uns doch aus der Monotonie des Alltags.
Ortsveränderung macht etwas mit uns, wir brechen aus Alltag und Routine aus, in einer anderen Umgebung sind wir anders, meist freier, aufmerksamer, lebendiger. Daher sind Reisen eine liebgewonnene Unterbrechung des alltäglichen Lebens, die wir uns so oft wie möglich gönnen.
Manche wollen nicht nur reisen, sie wollen "entdecken", die Welt sehen, fremde Kulturen kennen lernen. Das sind die "Entdecker-Typen", die sich in der ganzen Welt herumtreiben und diese oft wie ihre Westentasche kennen. Das Ende einer Reise ist für sie die Zeit vor der nächsten Reise. Sie finden sich unterwegs am besten wieder, denn Reisen ist immer auch eine Begegnung mit sich selbst.
Diese Reisefreiheit ist nicht selbstverständlich
Es war nicht immer selbstverständlich zu reisen. Der Weg zur Reisefreiheit war ein Prozess, sie musste erkämpft werden. Es hat bis ins 20.Jahrhundert gedauert, bis global so viel "Landfrieden" herrschte, dass nun Menschen relativ gefahrlos weltweit reisen können. Im 19.Jahrhundert sah das noch ganz anders aus, Reisen in fremde Länder war ein Abenteuer. Das Privileg, die ganze Welt kennen lernen zu können, ist eine Errungenschaft des 20.Jahrhunderts.
Reisen über die Zeit
Migration, wenn man so will, die erste Form des Reisens, ist alt, bereits vor 30.000 Jahren sind Menschen von Zentralasien bis Patagonien gewandert. Die Wikinger ruderten von den Küsten Skandinaviens bis Neufundland und haben ihre Boote, wo notwendig, auch über Land geschleppt um bis in das heutige Russland vorzudringen. Pilger aller Religionen legten Tausende von Fußkilometern zurück um ihr Seelenheil zu finden. Händler und Abenteuer waren auf den Seidenstraßen unterwegs und zur Zeit von Heinrich dem Seefahrer wurde der Grundstein für die Entdeckung Amerikas gelegt, das Christopher Kolumbus 1492 betreten sollte.
Die Briten waren die Pioniere des heutigen Massentourismus. Im 16.Jahrhundert schickte der Adel seinen Nachwuchs auf die sogenannte “Kavaliersreise”, die Sprösslinge sollten sich bilden, Ziel war meist Italien. Im 18.Jahrhunder machte sich auch Goethe auf den Weg nach Italien und hielt seine Erlebnisse in der “Italienischen Reise” fest. Später im Zeitalter der Romantik, im 19.Jahrhundert, prägte die „Sehnsucht nach dem Unendlichen“, das Reisen der bürgerlichen Schicht. 1827 wurde der Verlag Baedeker gegründet, 1845 öffnete das erste Reisebüro, Thomas Cook, seine Pforten. Damit begann, was wir heute als Tourismus bezeichnen.
Wir leben in einer "mobilen Zeit"
Reisen ist möglich weil wir uns schneller fortbewegen können, während unsere frühen Vorfahren vor 30.000 Jahren noch alle Wanderungen zu Fuß zurücklegen mussten, haben wir heute moderne, flotte Verkehrsmittel. Man mag darüber maulen, dass ein Flug nach Australien viele Stunden dauert aber man stelle sich vor, man müsste diese Strecke zu Fuß und per Schiff zurücklegen. Gibt man bei Google Maps Moskau ein, klickt auf Routenplaner und lässt sich die Strecke nach Ushuaia in Argentinien berechnen, streikt Google wenn man das Symbol Fußgänger anklickt. Gut die Beringstraße ist heute eisfrei und es wäre etwas weit von Sibirien nach Alaska zu schwimmen aber unsere Vorfahren sind das zu Fuß gegangen, sie brauchten Generationen dafür aber sie haben die Strecke von Zentralasien bis Patagonen per pedes bewältigt. Google meint übrigens, dass man per Flugzeug mindestens 2 Tage brauchen würde um diesen Weg zurück zu legen.
Wer einmal die Ferne gesehen hat, der bleibt nicht zu Hause
Es gibt den Begriff "Reisefieber", der Vergleich ist gar nicht so schlecht. Reisen kann zu einer Sucht werden. Je mehr ein Mensch sieht umso neugieriger wird er auf das, was er noch nicht kennt. Reisen sind meist positive Erfahrungen. Wenn man eine gut abgesicherte Pauschalreise bucht, kann man ziemlich sorglos die weite Welt genießen. Jedes positive Erleben motiviert uns. Ein angenehmes Gefühl will man wieder haben.
Reisen ist ein bleibender Wert
Man kann Haus und Hof verlieren aber die Erinnerungen, die man in sich trägt sind unantastbar. Zwar geht jede Reise irgendwann zu Ende aber man kehrt mit einem großen Schatz in die Heimat zurück. Alle Eindrücke und Erlebnisse sind abgespeichert, man kann sie immer wieder aufrufen und sich in Gedanken und Gefühl in die erlebte Zeit zurückversetzen. Das "Erlebte" verliert man nie, es wird zu einem Teil der eigenen Persönlichkeit. Reisen verändert und diese Veränderung hält an, das ist der bleibende Wert.